Wie kam ich dazu? Die Idee kam in einer Zeit, in der ich aufgrund familiärer Turbulenzen das Gefühl hatte, dass nun wirklich alles nur noch auf meinen Schultern lastete. In der Buchhandlung in Starnberg (… aus welchem Grund war ich dort??), dort schoss mir das Buch in die Augen: Von München nach Venedig.
Ohne zu wissen warum, faszinierte es mich sofort, und es ward mein. Nachdem ich mir noch Infos aus dem Internet geholt hatte, war ich überzeugt, das ist es!!
Leider konnte ich niemanden in meiner Familie mitreißen. Aber das war mir zu diesem Zeitpunkt schon egal, ich musste gehen.
So stieg ich nun detaillierter in den Weg ein, und musste feststellen, dass ich es mit meiner Kondition wohl nicht schaffen würde. Das Problem waren vor allem die Steigungen und teilweise noch recht anspruchsvolle Klettersteige. Somit hätte ich mir den Weg neu für meine Bedürfnisse einteilen müssen.
Irgendwann kam ich dann auf die Idee, dass ich ja meinen eigenen Weg gehen könnte (man beachte den Doppelsinn).
Doch, wo war mein Weg? Natürlich im Westen, dort wo ich schon immer im blauen Himmel den Atlantik sehen konnte. Schon damals mit vier Jahren, allein in unserem Garten, vereint und in Frieden mit mir, als ich noch nichts vom großen Meer wusste, lockte mich der viel versprechende blaue Himmel hinter unseren Föhren.
Also, Richtung Westen. Am besten direkt auf geradem Wege. Die Westspitze der Bretagne liegt dort.
Mein geistiges Lineal zeichnete den Weg entlang des 48.ten Breitengrades.
Nur der Beginn des Weges hatte sich wieder in meinem Alltag verheddert. Wenn die Zeit mal reicht, dann….
Schließlich kam die Diagnose: Rückfall des Morbus Hodgkin, der mich vor 10 Jahren schon mal kurz begleitet hatte. Der Beginn, nein das ganze Vorhaben, erstarb in meiner Hoffnungslosigkeit.
Irgendwann nach den ersten drei Schockmonaten, nachdem ich mich an das Leben mit Chemotherapie und dauernder Krankheit und Einschränkung schon fast gewöhnt hatte, wurde der Traum wiedergeboren.
Worauf sollte ich eigentlich immer noch warten. Vielleicht würde ich nie mehr gesund werden. So lange konnte ich nicht mehr warten. Ich würde ganz langsam gehen. Mein eigenes Tempo. Und wenn es ewig dauern würde, es ist mein Tempo, und es ist mein Weg.
Einige Wochen nach der letzten Chemo (und noch vor den Bestrahlungen) startete ich. Es war eines der wichtigsten Erlebnisse meines Lebens. Endlich meinen eigenen Weg zu gehen. Ganz bewusst. Alleine. Ich hätte davonfliegen können vor Glück.
Dieser Weg, ein unberührter, von niemandem eingetreten, erscheint mir abenteuerlicher, als die Erkundung der Quellen des Nils. Denn ich gehe einen nur für mich sichtbaren Weg durch die Lebensräume unserer Zivilisation.