Samstag, 4. September 2010
Von Delle bis Audincourt (29. Etappe)
04.09.2010
22 Grad, leichter Wind, schönes Spätsommerwetter
Departement:Territoire de Belfort, Doubs
Arrondissement: Belfort, Montbeliard
Übernachtung : Hotel Tilleuls, Audincourt
Der Tag begann genau so, wie der Vortag aufgehört hatte. Das trostlose Frühstücksambiente im Hotel ließ mich schnell aufbrechen, und dann bin ich sozusagen durch das Zentrum von Delle gekreist. Eigentlich ein sehr hübsches Städtchen, und hab, verflixt nochmal, nicht den richtigen Weg hinaus gefunden. Trotz eines netten Gemüsehändlers und seiner Kundschaft.
Nachdem ich an einem Bach schon ein ganzes Stück von Delle entfernt war, hat mich endlich ein türkisches Ehepaar, dessen Französisch genauso gut wie meines war, auf den richtigen Weg gebracht. Aber hier ist es nun endgültig Schluss mit den Menschen, die vielleicht noch Elsässisch sprechen. Es war eigentlich politisch nicht korrekt, zu fragen: „parlez-vous Allemand?“ Nein, Elsässisch ist schon etwas anderes, aber mit bayerischen Wurzeln und dem langsamen Durchwandern der Sprachräume der Schwaben, Allemannen, Schweizer ist es für mich sehr gut zu verstehen. Doch nun, dank türkischer Unterstützung, bin ich nun wieder on the road, auf der Landstraße, bergauf-bergab, ganz oft.
Die schmerzenden Füße habe ich verdrängt. Endlich, in Beaucourt.
Die Ortsnamen mit den Höfen, den Courts, treten hier gedrängt auf. Der Name Court (1148: Cort; 1179: Curt) ist von Curtis = Meierhof herzuleiten und findet sich als Bestandteil einer Menge von Ortsnamen im Juragebirge.
In der Apotheke in Beaucourt versuche ich ein Blasenpflaster zu kaufen. Aufgrund der vergangenen guten Erfahrungen hatte ich nicht genügend dabei. Blasenpflaster auf Französisch? Mit Umschreibungen habe ich versucht zu erklären, was ich kaufen möchte (nein, ich habe Schuhe und Socken nicht ausgezogen), und siehe da, ein sehr netter Apotheker hat seine Deutschkenntnisse ausgegraben und gibt mir die Gebrauchsanweisung auf Deutsch. Außerdem war er letztes Jahr in München und schwärmt von den Pinakotheken, ja, die finde ich auch schön, da arbeitet mein Mann.
So schön die Gegend ist, ein körperliches Wohlgefühl kann sich durch den Dauerschmerz in den Füßen nicht einstellen. In Audincourt schließlich führt mich ein Damm, der auf einer alten Bahnlinie gebaut wurde, verkehrsfrei ziemlich weit ins Zentrum. Die letzten Meter bringt mich Francoise „auf den richtigen Weg“. Sie hat einfach Zeit, einer müden Wanderin den Weg zu zeigen und ein Stück mitzugehen. Das Hotel Tilleul ist das erste vernünftige Hotel (mit Wasserkocher!!) in dieser Woche.
Freitag, 3. September 2010
Von Ferrette bis Delle (28. Etappe)
03.09.2010, 25 Grad, Sonne und etwas Wind,
viel bergauf, mindestens 800m -eher viel mehr
Departement:Haut-Rhin, Territoire de Belfort
Arrondissement: Altkirch, Belfort
Übernachtung : Hotel du Nord, Delle
Dieser Tag war von Anfang an desaströs und doch irgendwie schön. Schön deswegen, weil ich ganz auf mich selbst zurückgeworfen war, und trotz aller Widrigkeiten dann doch noch irgendwie zum Ziel gekommen bin.
Nach einem guten Frühstück im Hotel Collin (noch kein spartanisch französisches Frühstück) ging ich erst einmal den steilen Anstieg durch Ferrette in den großen Bois de Ferrette. Die ersten Stunden war noch alles nebelig.
Teilweise konnte ich mich an Ortsschildern für Wanderwege orientieren und teilweise habe ich mich an einer Wegbeschreibung aus dem Internet orientiert, die für den Jakobsweg gedacht war. Nach drei Stunden ohne Menschen bin ich bergab gestürzt. Da ich meine Hände in den Stöcken hatte, konnte ich mich nicht abstützen und die Schwungkraft des Rucksackes stieß meinen Kopf auf einen kleinen Felsen am Weg. Mit einer blutigen Beule auf der Stirn und total verdreckt habe ich mich von der Stellung „auf dem Rücken liegender zappelnder Käfer“ wieder aufgerappelt.
Für einen Moment war mir ziemlich schwindlig und die Vorstellung, dass mich (bei abgeschaltetem Handy) hier wohl kein Mensch gefunden hätte, war auch nicht gerade angenehm. Mit etwas bewussteren Schritten kämpfte ich mich weiter. Der Weg scheint selten begangen zu werden, da mehrmals umgestürzte Bäume den Weg versperren.
Irgendwann, nach viel bergauf und bergab, mittlerweile war es auch ein wunderschöner und sonniger Herbsttag geworden, irgendwann kam ich im falschen Tal aus dem Wald. Nachdem ich einen Mann, der gerade seinen Briefkasten ausleerte, sonst war alles totenstill, nach dem Ort fragte, stellte ich dies fest. Ich war in Winkel. Sozusagen im allerletzten Winkel. Aber eine traumhafte Gegend.
Da ich nicht ohne genaue Wegbeschreibung über zwei bewaldete Höhenzüge zurückgehen wollte, entschloss ich mich, notgedrungen, auf der Landstraße weiterzugehen und einige Höhenzüge zu umgehen. Oberlarg, Levoncourt, Courtavon, Pfetterhouse, zwischendurch wieder durch ein kleines Stückchen Schweiz. In Pfetterhouse, nachmittags um halb zwei das Schild nach Delle: immer noch 20 km (!).
Ich gab mich schon fast verloren. Somit probierte ich es erstmals mit erhobenem Daumen. Es funktionierte auf Anhieb. Ein älterer Herr, der mehr auf der linken Spur unterwegs war, nahm mich immerhin bis Rechesy, zum nächsten Ort, mit. Dann weiter nach Courtlevant, Florimont – meine Füße waren nur noch heiße, schmerzende Klumpen, aber ich hab den Schmerz kaum noch wahrgenommen. Mein Gehirn hat die Füße auf „weitergehen“ programmiert. Kurz nach Florimont hat mich für die letzten Kilometer dann noch ein Ehepaar mitgenommen. Sie haben mich direkt vor dem Hotel du Nord in Delle abgesetzt.
Das Hotel war dann die passende Fortsetzung des Tages.
Donnerstag, 2. September 2010
Von Biel-Benken nach Ferrette (27. Etappe)
Ca. 20km in 6 Stunden, bergauf-bergab bei 23 Grad, Wind, Sonne
02.09.2010
Region: Elsass
Departement: Haut-Rhin
Arrondissement: Altkirch
Übernachtung : Hotel Collin
Ich überschreite auch mehrmals die Grenze zwischen der Schweiz und Frankreich, die hier im Zickzack verläuft. Es gibt aber keine Grenzkontrollen, sondern lediglich verlassene Grenzhäuschen.
Nach viel bergauf-bergab komme ich endlich in Ferrette an. Ein wunderschönes altes Städchen.
Im Hotel Collin ist das Restaurant heute geschlossen, da Einschulung der Tochter in die sechste Klasse ist. Die Inhaberin spricht Gottseidank elsässisch, so dass ich noch nicht französisch sprechen muss. Das Zimmer ist groß und sauber.
Obwohl ich schon etwas k.o. bin , packe ich es nach einer Dusche nochmals an, und steige nochmals in die Höhe zur Burgruine Hohenpfirt. Man hat dort einen wunderbaren Ausblick in das Sundgau, eine der unbekanntesten Gegenden.
Mittwoch, 1. September 2010
Von Basel nach Biel-Benken (26. Etappe)
Ca. 12km in 3 Stunden
20 Grad, Sonne, Wolken leichter Wind
01.09.2010
Kanton: Basel Landschaft
Bezirk: Arlesheim
Übernachtung : Gasthof Rössli
Nach der Zugfahrt von München über Karlsruhe komme ich am Nachmittag im Badischen Bahnhof in Basel an. Das „Thank You for travelling with Deutsche Bahn“ im sächsischen Akzent klingt mir noch in den Ohren.
Diesmal habe ich es geschafft, mit dem Gepäck unter 8 kg zu bleiben. Mit wachsender Sicherheit braucht man immer weniger. Außerdem gehe ich nun mit leichteren Trekkingschuhen und Stöcken.
Installation im Kunstmuseum Basel
Zuerst durchwandere ich das Stadtgebiet von Basel und versuche dann aber im Stadteil Binningen doch irgendwie auf Feldwege auszuweichen.
Die Routenplanung von Google Maps, die ich mir zuhause ausgedruckt habe, ist nur sehr mäßig brauchbar.
Außerdem stelle ich fest, dass mit zuviel Routenplanern die eigene Intuition und der Kontakt zu den Menschen verloren geht.
Das Einzelzimmer im Hotel Rössli ist ok. Aber wie immer sind Prospekt und Frontansicht des Hauses einladender, als das Zimmer dann tatsächlich ist. Der Plastikblumencharme der Gasthöfe hält auch in der Schweiz unverändert an.