Samstag, 27. September 2014

Von Saumur nach Chavagnes (60. Etappe)



27.09.2014, Sonne 20 Grad

Ca. 35 km mit dem Bus, 17 km zu Fuß

Region: Pays de la Loire

Departement: Maine-et-Loire

Arrondissement: Angers

Übernachtung: L´Ancienne Boulangerie 





Es geht weiter. Nach langem Warten am menschenleeren Bahnhof von Saumur -wo sind die Menschen? - kommt tatsächlich um Punkt 12.30h ein riesig großer Reisebus von Anjou-Bus für mich alleine. Welche Freude. Ich sah mich schon verloren. 


Blick zurück nach Saumur


Laut Touristinfo sollte ich bei der Haltestelle St. Georges s/Layon aussteigen. Der Busfahrer kennt St. Georges nicht, aber er meint, das wäre die Haltestelle La Lune Vallee. Okeee? Ich löse ein Ticket für EUR 1,90 und mache meine Überlandfahrt. Später kommen noch ein paar einzelne Fahrgäste hinzu.

Meine Haltestelle entpuppt sich als einsamer Hof an einer endlos gerade verlaufenden Landstraße. Später stelle ich fest, dass St. Georges ca. 7 km entfernt liegt. Für einen Fußgänger ja auch nicht gerade mal schnell ein Katzensprung.

Aber egal. Meine Haltestelle liegt nun sowieso nicht mehr auf meinen Landkarten, und somit kommt nun zum ersten Mal mein Smartphone zum Einsatz. Ich kann mich erst mal selber orten und dann den kürzesten Weg Richtung Norden zu meiner Unterkunft finden.

Schmerzende Füße, Sonne, Einsamkeit, hügelige, grüne Landschaft, endlich komme ich zu meiner Unterkunft und werde belohnt durch diesen angenehmen Ort.

...alles picobello...
..das Frühstück lässt keine Wünsche offen










Hier ist mein erster Pausentag und ich bleibe noch eine weitere Nacht. Am zweiten Tag stellt mir die Familie Bouchet ein Fahrrad zur Verfügung und ich radele den ganzen Tag durch die Weinberge, vorbei an Windmühlen und blauen Trauben. Nach Tagen mit schweren Füßen ist das fast wie fliegen.
Ich sitze auf dem Marktplatz von Thouarcé und beobachte den Kirchgang des Dorfes. Alles versammelt. Sogar der Metzger hat noch bis Mittag auf und ich kann mir ein paar Leckereien holen.




Mitten im Anjou




Mittagspause mit den Schätzen aus der Metzgerei



Besuch von oben


Gelegentlich gibt es Schüsse. Alle Opas der Gegend sind am Sonntag mit ihrer Flinte im Weinberg unterwegs.
Aber das kenne ich ja schon. Geschossen wird überall in Frankreich auf dem Land.






Freitag, 26. September 2014

Von Savigny-en-Veron nach Saumur (59. Etappe)

26.09.2014, Sonne 20 Grad
Ca. 25 km
Region: Pays de la Loire
Departement: Maine-et-Loire
Arrondissement: Saumur
Übernachtung: Citotel Le Volnay, Saumur


Nach einem sehr üppigem Frühstück und einem ausgedehnten Frühstücksratsch mach ich mich wieder auf den Weg. Ausgerüstet mit Wegeproviant von Sandrine: Pfirsiche vom eigenen Baum und selbstgebackene bretonische Butterkekse. Diese Götterspeise nehme ich an einem Rastplatz in Candes St. Martin zu mir. Dort fließt die Vienne in die Loire und ich blicke hinunter auf den Fluß und könnte hier ewig sitzen.







Weiter entlang des Eurovelo 6 am Schloss Montsoreau, durch Weinberge, dann vorbei an den Höhlenwohnungen von Turquant, ein ganzes Dorf in den Sandstein gehauen. Für Momente läßt mich der kurzweilige Weg meine Blasen vergessen.




L'Espace métiers d'art en troglo de Turquant
Gassen durch die Höhlen










Endlich in Saumur angekommen, bleibt mir nichts anderes übrig, als ein paar Blasen aufzustechen (ja, man darf das nicht), um wieder in meine Schuhe reinzukommen. Dazugehörige Desinfektion gibt es vor Ort.


Apothekeneinkauf      
liebevoll aufgehübschte alte Bausubstanz









Und dann muss noch der nächste Tag umgeplant werden. Mit aufgestochenen Riesenblasen werde ich die 36 km nach Chavagnes nicht schaffen. Und wenn, dann ist die Reise beendet.
Vielleicht kann ich mit dem Taxi einige Kilometer in diese Richtung fahren die Strecke wenigstens halbieren. 
Der unglaubliche nette Herr an der Rezeption des Citotel Le Volnay telefoniert für mich ein paar Taxis an, und die verlangen 50 Euros für 15 km. Naja, sie müssen auch wieder zurückfahren, und am Samstag vormittag ist es wohl eh schlecht. Dann wälzen wir einige Buspläne, und letztlich folge ich seinem Rat, noch schnell zur Touristinfo vorzulaufen. Die freuen sich natürlich auch, als es um kurz vor sieben noch so eine herausfordernde Arbeit gibt. Aber letztendlich finden wir einen Bus, der weit nach Süden in Richtung Cholet fährt. Bei Saint Georges sur Layon soll ich dann aussteigen. Von da wären es noch ca. 15 km Richtung Norden. Es ist schon ganz am Rand meiner Landkarte.


Eisenbahnbrücke über die Loire, fertiggestellt 1886, teilweise zerstört im 2. Weltkrieg


Trotz alledem wird am Abend noch der Schloßberg erstiegen und ich sehe in der Ferne die Sonne in die Loire sinken. Irgendeinen Weg gibt es immer.







Donnerstag, 25. September 2014

Vont Rigny-Ussé nach Savigny-en-Veron (58. Etappe)

25.09.2014, Sonne 22 Grad
Ca. 19 km
Region: Centre
Departement: Indre-et-Loire
Arrondissement: Chinon
Übernachtung: En Passant, Chambres d'Hotes en Touraine, Sandrine et Arnaud Tutois



Am nächsten Morgen ist schon die Freundin der Besitzerin da und richtet mir das Frühstück. Nach einer langen Unterhaltung über Frankreich und überhaupt komme ich gegen 10h los.



..diesmal glaube ich es...und muss es nicht ausprobieren


Die Sonne verwandelt den nebligen Morgen in einen strahlend klaren Oktobertag. Mit bester Aussicht zu den vier Rauchsäulen des Atomkraftwerkes Chinon. Sie werden mich den Rest des Tages begleiten.

Kernkraftwerk Chinon



Obwohl ich dem Eurovelo folgen kann, werden die Dampfsäulen nun zu meiner Tagesorientierung. Dampfsäulen vor mir, Dampfsäulen neben mir, Dampfsäulen hinter mir. Immer weiß ich, wo ich bin.
Unspektakuläres, ruhiges Laufen, ein Fasan, spinnenetzüberwobene Wiesen, gelegentlich ein Radfahrer und die Blasen vermehren sich.



Eine Tonne...das müsste sich ausgehen..


Am späten Nachmittag komme ich im Reich von Sandrine Tutois an, die sich ihr Anwesen in ihr persönliches kleines Paradies verwandelt hat, und ich habe darin ein eigenes kleines Häuschen mit 1. Stock. Auch ein Paradies für mich. Weitab von allem.




...fast wie aus der Welt...irgendwo


Mittwoch, 24. September 2014

Von Villandry nach Rigny-Ussé (57. Etappe)

24.09.2014, Sonne 22 Grad

Ca. 22km

Region: Centre

Departement: Indre-et-Loire

Arrondissement: Tours

Übernachtung: Fabienne et Philippe Lenhof Ripault, Le Bourg Joly, Rigny-Ussé



Das Frühstück im Roten Pferd in Villandry ist etwas ernüchternd..viel Kommen und Gehen, viel Betrieb, aber kein Blick für's Detail...man lebt von der Lage.


Also, wieder auf den Weg. 


...leider ist heute Mittwoch...eine Brotbäckerei in der Einsamkeit...



Nach dem ersten Morgennebel kommt die Sonne und ich komme zum Zusammenfluss von Cher und Loire. Ein gemütlicher Wandertag entlang der Loire, mit wieder einer neuen Schmerzattacke und ein paar neuen Blasen.



 Herbstsstimmung zwischen Loire und Cher


In Brehemont macht gerade ein Filmteam im Cateringzelt eine laute und fröhliche Mittagspause, und ich lerne, dass man Cormorane dressieren kann.




Willkommen im...
...Le Bourg Joly










Bei der Ankunft im Le Bourg Joly erfahre ich, dass die Besitzerin dringend weg musste, aber eine Freundin kommt sofort auf meinen Anruf hin, sperrt mir auf und zeigt mir alles.Wunderwunderbar.




Erst mal die Kleider vom Leib reissen...



Ich habe das ganze Anwesen mit drei Gästezimmern einsam an der Landstraße für mich alleine, und ich erlebe die stillste Nacht meines Lebens. Kein Auto, kein Vogel, kein Wind, kein Pferd, nur die Geräusche des Hauses und die meines Körpers. Das Pochen des Blutes in meinen Adern.

Ich sperre alles ordentlich ab.





 
....allein zu Haus







Dienstag, 23. September 2014

Von Tours nach Villandry (56. Etappe)

23.09.2014, Sonne 22 Grad
Ca. 22 km
Region: Centre
Departement: Indre-et-Loire
Arrondissement: Tours
Übernachtung: Hotel Le Cheval Rouge, Villandry

So, nun ist es fast eineinhalb Jahre her, seit meiner letzten Reise. Wie immer die Umstände des Alltags.

...endlich geht es wieder los..diesmal mit neuem superleichtem Rucksack...

Bereits zwischen München und Augsburg das erste Problem: Ich war in den falschen Wagen eingestiegen, und beim anschließenden Rumgedränge, während die rechtmäßigen Reservierer ihre Plätze in Besitz nahmen, und ich mich mit Sack und Pack durch weiteres einsteigendes Volk wieder rausdrängte, hab ich meine Fahrkarte von Paris nach St. Pierre (Tours) verloren. Ich hab dann nochmals den Zug abgesucht und laut Schaffnerin müsste ich ein neues Ticket lösen. Guter Anfang. Doch umsichtiger Menschen sei Dank, nach einer Stunde rief ein Schaffner den Proprietaire des Tickets von P. Nach P. aus. Erst mal wieder alles gut. Also gleich am Anfang schon Glück gehabt.

Die restliche Anreise verlief problemlos, sozusagen im Flug, mit bis zu 320 kmh/h über die nun schon bekannte Strecke über München-Paris Gare de L'Est, dann 13 Stationen mit der U4 zum Gare de Montparnasse (durch viele, lange Gänge unterirdisch treppauf-treppab – wohl der Wandersfrau, die nur ein Rucksäcklein mit sich führt und nicht ratlos gestöckelt und gestyled mit Riesenrollkoffern hilflos lächelnd vor den Treppen steht), und dann mit dem TGV Atlantique schnurstracks nach Tours. Leider ist der TGV-Bahnhof Saint-Pierre-des-Corps etwas außerhalb, so dass ich nochmals umsteigen muss, um ins Stadtzentrum zu kommen. Aber das kenne ich ja auch noch vom letzten Jahr. Dann raus aus dem Bahnhof, es ist fast ein bisschen wie heimkommen, und noch 10 Minuten zu Fuß zum angenehmen Hotel vom letzten Jahr. Alles gut und vertraut. 

Bahnhof von Tours


Am nächsten Morgen dann der Einbruch. Mir ist furchtbar übel, ich habe schreckliche Kopfschmerzen, ich kann nicht aufstehen. Was tun? Wenn ich jetzt einen Tag länger hier bleibe, dann fällt meine ganze Planung, sämtliche Übernachtungen Tag für Tag, wie eine Reihe Dominosteine um. Bis um 10h morgens schaffe ich es dann mühsam aufzustehen.
Ein wenig Frühstück und dann los.
Dienstag früh – Markt in Tours ich dränge mich durch die Menschen, und der Apfelverkäufer ruft mir nach: „Vous-avez un beau chapeau, Madame!“ Aber ich hab ja noch zwei Äpfel im Rucksack. Sonst hätte ich ihm gerne was abgekauft.
Doch die Anfeuerung hilft, ich komme vorwärts.

Zum Einstieg gibt es noch keine komplizierten Wegsuchmanöver. Ich folge entspannt dem Eurovelo 6. Zuerst führt der Weg in Richtung Süden raus aus Tours und dann geht es immer entlang des Cher. Ein alter Bekannter, ich freue mich, ihn wieder zu sehen.

Bonjour Cher


Unterwegs kämpfe ich noch mit ein paar Schmerzattacken.
Doch die Landschaft am Wegesrand entschädigt mich.
 
kurz nach Tours am Wegesrand ....
...eine schöne Gartenanlage für die Öffentlichkeit..

Gegen 17h komme ich in Villandry an. Meine Unterkunft liegt gleich neben dem Schloss mit dem wunderbaren Schlossgarten. Trotz der Blasen – ja, wegen des warmen Wetters habe ich wohl geschwitzt in den Schuhen  –  laufe ich noch ein paar Runden durch den Schlosspark und kann mich nicht sattsehen an Farben und Formen.






Die Gärten von Schloss Villandry